Zuchtprogramm Deutsches Gelbvieh
--> Zuchtprogramm Doppelnutzung 2018
--> Zuchtprogramm Fleischnutzung 2018
Die Rasse deutsches Gelbvieh wird in Deutschland als fleischbetontes Doppelnutzungsrind traditionell nahezu ausschließlich in Franken gezüchtet. Die züchterische Bearbeitung erfolgt zumindest in der Doppelnutzung - in der reinen Fleischnutzung auch in einigen Zuchtbetrieben Nord-, West- und Ostdeutschlands - ausschließlich durch den Rinderzuchtverband Franken. In den letzten Jahren steht diese Rasse in ihrer Stammheimat Franken erheblich unter Druck. Begründet ist dies durch die Betriebstruktur im Zuchtgebiet - im kleinbäuerlich strukturierten Franken steigen immer mehr Betriebe aus der Milchviehhaltung aus - und die heute eindeutige wirtschaftliche Bevorzugung der Milchseite durch die Agrarpolitik.
Zuchtmethode
Oberstes Ziel eines jeden Zuchtprogrammes, so auch bei dem für das Gelbvieh, ist ein optimaler Zuchtfortschritt in den wichtigsten Merkmalen in Richtung Zuchtziel. Es wird primär in Reinzucht verfolgt. Dieses wird angestrebt durch gezielte Anpaarung der züchterisch wertvollsten Kühe, den nach Leistung, Zuchtwert und Exterieur ausgewählten sog. "Bullenmüttern", mit den besten Vererbern der Rasse, scharfe Selektion der nächsten Jungbullengeneration und deren konsequente Nachkommenprüfung, wobei bei Gelbvieh aufgrund der relativ geringen Größe der aktiven Zuchtpopulation die Zahl der eingesetzten Prüfbullen pro Zuchtjahr absoluten Vorrang hat vor der Auslastung der geprüften Bullen.
Das Zuchtprogramm berücksichtigt die staatlichen Förderrichtlinien und ist Teil des Zuchtprogrammes der Vereinigung zur Förderung der Rinderzucht e.V. (VFR) - Sitz Neustadt/Aisch.
Aktive Zuchtpopulation
Die für ein Zuchtprogramm entscheidende Kennzahl ist die "aktive Zuchtpopulation", d.h. die Zahl der Kühe, die gleichzeitig unter Leistungsprüfung stehen und künstlich besamt werden. Sie bildet die Basis für die Auswahl und gezielte Anpaarung von sog. "Bullenmüttern" mit Spitzenvererbern des Gelbviehs sowie für die Bullenprüfung!
Heute kann bei Gelbvieh von einer aktiven Zuchtpopulation von ca. 4500 Kühen ausgegangen werden.
Die Erzeugung dieser Prüfbullen erfolgt in mehreren Schritten:
Auswahl der Bullenväter und Bullenmütter
Die Bullenväter, die i. R. des Zuchtprogramms zum Einsatz kommen, werden vierteljährlich im Anschluss an die Zuchtwertschätzung festgelegt. Dabei werden bei Auswahl neben den aktuellen Leistungs- (Vererbungs-)daten auch die Verwandtschaft („Blutlinien“) der einzelnen Vererber berücksichtigt. Pro Jahr werden im Zuchtprogramm 3 – 5 Spitzenvererber eingesetzt.
Als sog. „Bullenmütter“ werden pro Jahr ca. 100 (4 - 5 % der aktiven Zuchtpopulation!) HB-Kühe ausgewählt. Bei deren Selektion wird in gleicher Weise auf hohe Milch-, Fleisch- und Fitnessveranlagung (Gesamtzuchtwert > 115!) wie auch auf ein exzellentes Exterieur Wert gelegt.
Seit Anfang 1998 ist es das Ziel eines sog. „Innovativen Zuchtprogrammes“ den Zuchtfortschritt pro Jahr nicht nur durch Erhöhung der Selektionsintensivität (-schärfe), z. B. durch Verringerung des Anteils der Bullenmütter an der Gesamtpopulation und/oder durch eine Steigerung der Sicherheit der Zuchtwertschätzung (ZWS), z. B. durch eine spätere Nutzung der Bullenmütter im Zuchtprogramm – hier sind aufgrund der Populationsgröße inzwischen sehr enge Grenzen gesetzt – zu forcieren, sondern auch durch eine Verkürzung des Generationsintervalls. Es beruht, ebenso wie alle übrigen Varianten von Zuchtprogrammen, auf der alten „Züchterweisheit“:
Die Verkürzung des Generationsintervalls wird durch die Einbeziehung genetisch sehr wertvoller junger Tiere, wie Jungrinder oder Jungkühe, in das Zuchtprogramm versucht. Zur Minderung des Risikos aufgrund nicht ausreichender Sicherheiten der Zuchtwerte werden von den Jungkühen zusätzlich mind. 0,75 kg Eiweiß beim 1. oder 2. Probemelken und, wie auch bei den Jungrindern, ein exzellentes Exterieur gefordert.
Konventionelle gezielte Anpaarung
Der RZV plant bei Gelbvieh mit ca. 100 Anpaarungen von ausgewählten sog. „Bullenmüttern“ und ca. 20 züchterisch interessanten Jungrindern und Jungkühen mit einem aktuell ausgewählten Spitzenvererber.
Embryo-Transfer
Seit nunmehr nahezu 30 Jahren bedient sich der RZV Würzburg bei Gelbvieh und damit als erster bayer. Zuchtverband systematisch i. R. eines Zuchtprogrammes des Embryo-Transfers, um die Spitzengenetik der weiblichen Seite noch mehr und damit effektiver, als durch gezielte Anpaarung züchterisch zu nutzen. Aus solchen ET-Programmen, die der RZV Franken zunächst in eigener Regie durchführen ließ, gingen bereits zahlreiche und weithin bekannte Vererber hervor. Der erste war der 1979 geborene und weithin bekannte Vererber „Heidenheim“!
Seit nunmehr ca. zehn Jahren ist der Embryo-Transfer (ET) in das staatlich geförderte Zuchtprogramm der VFR integriert. Seither wird die Crème de la Crème der Gelbvieh-Bullenmütter, vom Jungrind bis zur älteren Kuh, als Spendertiere genutzt, und die transfertauglichen Embryonen auf Empfängertiere übertragen.
Die Zuchtleitung favorisiert für ein ET-Programm eindeutig die Jungkuh, weil von dieser nicht nur vorgeschätzte Zuchtwerte bekannt sind, sondern auch Aussagen über ihre Eigenleistung möglich sind und deren Exterieur, v. a. das Euter betreffend, schon relativ sicher beurteilt werden kann.
Z. Z. plant der RZV Franken ca. zehn ET-Programme pro Jahr i. R. des Gelbvieh-Zuchtprogrammes!
Auswahl „aufzuchtwürdige männliche Kälber“
Aus dem Angebot männlicher Kälber, die sowohl aus einer konventionellen gezielten Anpaarung von Bullenmüttern, als auch aus ET-Programmen stammen können, werden die sog. „aufzuchtwürdigen männlichen Kälber“ bezüglich Zuchtwert und Exterieur selektiert und einer „Eigenleistungsprüfung im Feld“ unterzogen.
Auswahl Prüfbullen
Nach Abschluss der „Eigenleistungsprüfung im Feld“ im Alter von max. 18 Monaten werden die Jungbullen einer Körkommission vorgestellt. Diese bewertet die Merkmale Rahmen, Bemuskelung und Form. Ein für den Prüfeinsatz vorgesehener Jungbulle muss in diesen drei Merkmalen mind. mit der Note 5 bewertet sein und einen Gesamtzuchtwert von 105 Punkten erreichen!
Der Rinderzuchtverband Würzburg prüft jährlich ca. acht Gelbvieh-Jungbullen zusammen mit der Besamungsstation in Neustadt/Aisch. Pro Prüfbulle werden ca. 350 Erstbesamungen in der aktiven Gelbvieh-Zuchtpopulation durchgeführt. Daraus können Leistungsergebnisse von ca. 30 – 40 Prüfbullen-Töchtern und Zuchtwertsicherheiten der nächsten Besamungsbullengeneration für den Zweiteinsatz von über 70 % erreicht werden.